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Beim Freischütz geht die Post ab

AZ / Nr. 64     Samstag, 17. März 2001

Beim Freischütz geht die Post ab

Opernwerkstatt mit dem Musiktheater Animato in der Wittelsbacher-Schule

Als Lehrerin Gabriele Cornelius das Opern-Projekt schmackhaft machen wollte, reagieren die Mädchen und Buben der Wittelsbacher-Volksschule erst mal skeptisch: „Nee, da wollen wir nicht hin.“ Wer wenige Monate später die glänzenden Augen der jungen Zuschauer und Mitspieler sieht, nimmt einen Sinneswandel wahr: Die Dritt- bis Fünftklässler sind begeistert, wenn bei Webers „Freischütz“ die Post abgeht.

Was sich in einer Stunde (normalerweise dauert der „Freischütz“ dreimal so lang) in der Turnhalle abspielt, hat mit gediegener Theater-Atmosphäre nur wenig gemein: Die Zuschauer sind nicht zum Stillsitzen vergattert, sondern dürfen bei der Geschichte um Agathe und Max tüchtig mitmischen: Denn die Profis Christiana Bild und Walter Kukla vom Musiktheater Animato können eine so große Oper nicht alleine stemmen. Und so übernehmen die Künstler „nur“ die Rollen des Ännchen und des bösen Kaspar.

Der Rest liegt in Kinderhand, in wochenlanger Probenarbeit mit Lehrkräften der Wittelsbacher-Schule (Antonsviertel) erarbeitet. Kein Wunder, dass viele Hände in die Höhe schnellen, als Bild und Kukla die Rollen besetzen: Drei Mädchen – Anita, Hanna und Franziska – teilen sich die Rolle der Agathe. David, der vor seiner Solisten-Karriere am liebsten „Backstreet Boys“ hörte, den „Freischütz“ jetzt aber auch „ganz gut“ findet, verkörpert Max. Patrick schlüpft ins Kostüm des Ottokar.

Cooler Eber Karlchen

Was mit der Ouvertüre behutsam beginnt, steigert sich im Lauf der Aufführung immer mehr: Kukla und Bild haben die Schlüsselszenen und Hits herausgefiltert. Als sich in der Wolfsschlucht die Ereignisse überschlagen, ist Action wie im Krimi angesagt: Der coole Eber Karlchen rattert auf seinem Skateboard über die Bühne, Furcht erregende Nebelgestalten huschen durch die Nacht, Waldvögel kreisen am Himmel. Blitze, Donner und Irrlichter lassen so manches Gemüt gruseln. Wenn Christiana Bild und Walter Kukla allerdings singen, ist es mucksmäuschenstill.

Ihr Konzept, Musiktheater Kindern behutsam näher zu bringen, ist aufgegangen. Als nach dem Schluss-Applaus ein Bub eine „Freischütz“-CD kaufen will, müssen die beiden jungen Künstler allerdings passen.

Die Zwei von Animato haben bereits wieder ein Stück für ihre Opernwerkstatt, mit der sie durch Schule in Österreich und Bayern touren, im Visier: Diesmal bereiten sie Mozarts „Don Giovanni“ kindgerecht auf. Sich von einem Großteil der Szenen und Arien zu trennen, fällt Christiana Bild schwer: „Jeder Takt, den wir rausstreichen, tut mir weh.“     Andrea Baumann

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